Das war einmal ...

War ich nicht ein niedliches Hündchen?

Hätte irgend jemand diesem Blick widerstehen können?

Natürlich nicht. So kam ich im in zartem Alter zu Frauchen, Herrchen und Ziehtantchen. Ich übte mich in Zurückhaltung und Freundlichkeit und sorgte so für eine friedliche Stimmung im Rudel. Ich verhielt mich stets zuvorkommend und war tagein tagaus die Unschuld in Person. Natürlich brach es von Zeit zu Zeit aus mir heraus und ich musste meinen aufkommenden Trieben nach jugendlichem Leichtsinn nachgeben. Dies jedoch tat ich auf so charmante Weise dass mir gewiss kein Rudelmitglied etwas nachtragen konnte.

Und alle waren Fest in dem Glauben dass das so bliebe bis in alle Ewigkeit.

 

Aber weit gefehlt.

Ich musste mich entwickeln. Ich konnte nicht auf unbestimmte Zeit das Lämmchen im Verein spielen. Niemals!

Es wurde nun Zeit allen zu zeigen dass in mir mehr schlummerte als Frauchens und Herrchens bekannt war. Zuerst war Shila, meine Lehrmeisterin dran. Ich wollte ihr zeigen, dass ich beim Unterricht sehr gut aufgepasst hatte.

  • Wichtigtuer kommen häufig weiter, also Rute nach oben und Shila zeigen dass ich in Zukunft den Ton angebe

  • Einschmeicheln hilft in manchen Fällen weiter, also ein liebes Gesicht aufgesetzt und das Stück Käse gehört mir

  • Werde ich doch mal erwischt gibt’s nur noch die „oh nein, ich schäme mich so“ Methode, damit kommt man immer davon

 

Warum ich euch das erzähle wollt ihr wissen? Ganz einfach.

Ich war das erste mal läufig und glaubt mir dadurch treten noch ganz andere Gefühle zu Tage. Ich durfte doch tatsächlich nicht mehr ohne Leine laufen und wenn doch dann nur unter strengster Aufsicht. Meine Aufpasser trauten mir irgendwie nicht mehr über den Weg und ich weiss gar nicht warum. Na vielleicht lags an meinem Verhalten gegenüber anderen Hunden, vor allem vom anderen Geschlecht. Hey Jungs! Wo wollt ihr denn hin? Ich bin doch hier, also los jetzt. Lasst euch nicht lange bitten, wer weiss wie lange ich noch so drauf bin.

Tja, dann wars wieder vorbei. Jetzt läufts wieder so wie vorher. Aber glaubt mir, meine Chance kommt noch.


 

 

Und etwas hat sich auch noch verändert. Herrchens Haare sind grauer geworden. Aus einem blühenden Urwald wird so langsam eine Grauzone. In wie weit ich dafür mitverantwortlich bin? Sei´s drum.


 

Am 11 Dezember 2011 gab es für uns ein böses Erwachen. Aber von vorne.

Da bei uns ein Werktag unter der Woche recht früh beginnt, benötigen wir natürlich einen Wecker. Dieser wird am Wochenende selbstverständlich abgestellt denn jeder braucht schließlich seinen Schönheitsschlaf. Am 10. Dezember wollte es das Schicksal jedoch dass besagter "Traumbeender", im Wohnzimmer stehend, eingeschaltet wurde. Welch unglücklicher Fügung dieser Vorgang zu verdanken ist wird wohl für immer im Dunkeln bleiben. Als Folge davon nahm, für die zweibeinigen "nur laut Hörer" zu Beginn unvernehmlich, die Katastrophe ihren Lauf.

Banu hörte das gepiepste und stellte sich wohl vor dass dort etwas nicht in Ordnung sein dürfte. Wenn das Ding klingelt ist doch unverzüglich jemand zu Stelle und beendet diesen Höllenlärm. Nicht jedoch an diesem Tag. Das Geräusch nahm kein Ende und so sah sie sich wohl gezwungen der Welt von der "jammernden Elektronik" zu künden. Einer Sirene gleich rief unser Sofawolf zum allgemeinen Aufstehen.

Vollkommen erschüttert vernahmen wir dieses Geheul und dachten schon es müsse etwas schreckliches passiert sein (Einbrecher, Katze im Garten, Knochen alle ...). Nach einem halbschläfrigen Sturz ins Wohnzimmer war die Situation jedoch schnell klar. Das Piepsen wurde beendet und es konnte wieder Ruhe einkehren.

Wer die nächtliche Aktion mitbekommen hat ist derzeit noch unklar. Ich hoffe mal wir haben nicht die halbe Siedlung aus dem Schlaf gerissen.

Merke: Ein noch so kleines Ungeschick kann manch böse Folge haben.

Was haben Frauchen und Herrchen nicht schon alles versucht um mich von meinen, ab und an begangenen, Ausbrechereien abzuhalten.

Sie haben versucht Shila in einen Hundewachhund umzuschulen. Der Versuch ging aber gründlich daneben. Denn wenn ich auf meine Tour gehe verschwindet sie ganz leise im Haus und kümmerst sich nicht weiter drum.

Sie versuchten mir durch Hindernisse den Weg in die Freiheit zu verbauen. Aber auch darüber kann ich nur schmunzeln.

Merke: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und ich habe noch immer ein Schlupfloch gefunden.

Über die nächste Möglichkeit sollten sich die beiden gar keine Gedanken machen. Denn auch das würde mich nicht daran hindern auf eigene Faust loszuziehen.

Aber jetzt haben die Wohl einen Profi zu Hilfe gerufen. Mal sehen ob der mehr auf dem Kasten hat. Wau!!

Als wir, Shila, Banu und ich, nach einer kurzen Nacht am Sonntag an den See liefen um unseren Besuch abzuholen lag der See noch unter einem sich langsam auflösenden Dunstmeer. Beim Anblick der spiegelnden Wasserfläche und des spärlich durchscheinenden Sonnenlichts, der vielen Wasservögel und der beiden Wolfhunde meinte ich zu unserem Gast dass so ein Anblick nur in Gedichtform zu beschreiben wäre. Et voila:

Nebelmorgen:

Überm See hebt träge sich der Nebel,
am Ufer steht graziös ein wildes Tier,
es sieht mich an und schleicht von dort nach hier.
Und plötzlich unvermutet kommt es ganz leis zu mir,
es legt die Ohren an und wedelt mit der Rute,
so komm doch her du Gute,
und nun erkennt sie mich,
und siehe da, so wild bist du wohl nicht.

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